An der Adolf-Reichwein-Schule in Friedberg verbindet die Freude am Musizieren die Schule mit der örtlichen Musikschule und verknüpft den Grundschulteil mit dem Gesamtschulteil.
Ein Bericht von Katharina Brückner
Seit 15 Jahren arbeiten Musiklehrkräfte der Adolf-Reichwein-Schule Friedberg, einer Grundschule und IGS im Profil 1, mit Lehrkräften der Musikschule Friedberg in einem Team zusammen. Gemeinsam stellen sie verschiedene Projekte am Vor- und Nachmittag und manchmal auch am Wochenende auf die Beine. Die Idee dahinter: Alle Schülerinnen und Schüler, die Lust haben, können ein Instrument lernen. Sie sollen nicht „Jugend musiziert“ gewinnen, sondern die Freude an der Musik entdecken. Die Schülerinnen und Schüler entwickeln schnell eine große Leidenschaft und Begeisterung für Musik in der schulischen Gemeinschaft durch gemeinsames Musizieren.
Kooperation von Anfang an
Zunächst startete die Schule mit zwei Musikklassen in einer Jahrgangsstufe. Die Musikklassen entwickelten sich weiter zu einem klassen- und jahrgangsstufenübergreifenden Blasorchester. Begonnen hat die erfolgreiche Kooperation mit der Musikschule mit einer klassenübergreifenden Bläserklasse in der Jahrgangsstufe fünf. Interessierte Kinder können sich in diese Klasse einwählen und haben dann zwei Stunden zusätzlichen Musikunterricht pro Woche. Zur Auswahl stehen Flöten, Saxophon und Blechblasinstrumente wie Trompete. In der 6. Klasse wird der Unterricht verpflichtend weitergeführt. Ab Klasse 7 ist das Engagement freiwillig und wird im Schulorchester fortgesetzt, ein Angebot, das die Schülerinnen und Schüler gerne annehmen. Wer möchte kann natürlich auch mit dem Instrumentalunterricht an der Musikschule weitermachen. Viele bleiben dabei, so dass die Schule seit Jahren ein Orchester mit rund 35 Mitgliedern aus den Klassen 5 bis 10 zusammenstellen kann.
Seit 2008 gibt es auch mehrere Projekte in der Grundschule mit klingenden Namen wie „KimaMu (=Kinder machen Musik)“ oder „MumaKs (=Musik macht Kinder stark)“. Darüber hinaus ist die Grundschule im Programm „Musikalische Grundschule“ des Hessischen Kultusministeriums zertifiziert. In den Projekten lernen die Kinder in einem Instrumentenkarussell verschiedene Instrumente kennen. Die Angebot wechselt immer wieder, je nachdem, was die Kindern interessiert und was die Musikschule anbieten kann. Momentan sind Gitarre, Trompete, Saxonette und Geige im Programm. Nachdem die Lehrkräfte die Instrumente vorgestellt haben, können sich die Kinder eines aussuchen, das sie gerne lernen möchten. Auch ein großer Chor mit 50 bis 70 Schülerinnen und Schülern der 1. bis 4. Klasse steht allen Interessierten offen. So wird in der Grundschule bereits an die Musik herangeführt, eine gute Vorbereitung für die Projekte in der Sekundarstufe.
Qualität sichern
„Wir wollten keinen Feld-Wald-Wiesen-Unterricht in Musik erteilen, deshalb war es uns wichtig, mit qualifiziertem Personal zusammenzuarbeiten“, betont Georg Rainer, Musiklehrer an der Adolf-Reichwein-Schule. Qualität hat aber natürlich ihren Preis. Damit der Musikunterricht trotzdem für alle Kinder und Jugendlichen erschwinglich ist, steht die Finanzierung der Projekte auf verschiedenen Säulen: Es fließen Mittel aus der Ganztagsressource der Schule, die Musikschule schießt Gelder zu, der Förderverein der Schule unterstützt einzelne Aktionen, wie die Orchesterfahrt, und die Schülerinnen und Schüler zahlen einen geringen Beitrag. Da Gelder aus so vielen Quellen zusammenfließen, liegt er in der 5. und 6. Klasse bei nur 25 Euro pro Monat, was den Unterricht in Kleingruppen und im Ensemble sowie eine Leihgebühr für das Instrument mit einschließt.
Interesse nähren
Die Projekte sind allerdings keine Selbstläufer. Andreas Müller, ein weiterer Musiklehrer der Schule, gibt zu: „Die Musikkooperationen sind ein zartes Pflänzchen, das gehegt werden muss. Die richtige Atmosphäre ist enorm wichtig.“ Das Team ist sich einig, dass das miteinander Lachen beim Musizieren genauso dazugehört wie die Wertschätzung der jungen Musikerinnen und Musiker durch die Lehrkräfte und deren Beteiligung bei der Auswahl der Stücke. Das Repertoire ist bewusst abwechslungsreich gestaltet – von Filmmusik über Beatles bis hin zu Jazz.
Die Schülerinnen und Schüler zeigen bei den jährlichen Frühjahrs- und Weihnachtskonzerten, was sie gelernt haben. Immer wieder werden Stücke selbst komponiert, wie zum Beispiel eine Friedberghymne, die der Schule zahlreiche Auftritte für die Stadt einbrachte, oder ein Musical, das in der Stadthalle aufgeführt wurde. Diese Großveranstaltungen sind die beste Werbung, wenn die Lehrkräfte neuen Nachwuchs rekrutieren.
Ein besonderes Ereignis ist die jährliche Orchesterfahrt, die viel zum guten Image der Musikprojekte beiträgt. Drei Tage fahren die Mitglieder in die Landesmusikakademie in Schloss Hallenburg in Schlitz. Die Freizeit ist ein wichtiger Baustein, damit sich die Schülerinnen und Schüler jahrgangsübergreifend kennen lernen und ihre Identität und das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken können. Ganz nebenbei lernen sie so auch wichtige Regeln des sozialen Verhaltens. Einige Jugendliche sind so begeistert, dass sie sogar angeregt haben, ein Ehemaligenorchester zu gründen.
Grundlage Teamarbeit
Neben der Atmosphäre beim gemeinsamen Musizieren, ist auch die Stimmung im Team entscheidend dafür, dass die Kooperationen schon so lange und kontinuierlich bestehen. Zum Team zählen nicht nur die vier im Projekt engagierten (Musik-)Lehrkräfte der Adolf-Reichwein-Schule, sondern auch die vier Lehrkräfte der Musikschule Friedberg, die teilweise sogar an Schulveranstaltungen wie der Orchesterfahrt teilnehmen. Über die Jahre hat sich ein sehr freundschaftliches Verhältnis entwickelt. Man versteht sich gut und schätzt sich gegenseitig.
Jede Woche gibt es informelle Absprachen zum Unterricht und anstehenden Veranstaltungen. Außerdem finden regelmäßige Gespräche zur Kooperation statt. Hilfreich sind die klar benannten Ansprechpartner auf jeder Seite, je einer der Schule und einer der Musikschule. Außerdem teilen sich die Lehrkräfte der Adolf-Reichwein-Schule die verschiedenen Aufgaben, die bei jeder Kooperation anfallen. Die Musiklehrkräfte übernehmen die inhaltlichen Absprachen und die Ganztagskoordinatorin klärt die organisatorischen Fragen rund um die Verträge und die Einwahl der Schülerinnen und Schüler.
Durch beherzte Teamarbeit, eine angenehme Atmosphäre und die konstante Weiterentwicklung der Projekte ist an der Adolf-Reichwein-Schule eine Kooperation entstanden, die verschiedene Institutionen und Schulstufen miteinander verbindet und ihren Teil zum Ganztag beiträgt.
Weitere Informationen:
Autorin: Katharina Brückner, Serviceagentur „Ganztägig lernen“ Hessen
Foto: Adolf-Reichwein-Schule
Datum: 10.06.2016
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