Rückblick auf die Arbeit der Serviceagentur „Ganztägig lernen“ Hessen im Jahr 2021

Die Serviceagentur setzte in diesem Jahr in ihren Fortbildungsangeboten zwei Schwerpunkte: zum einen Digitalität in Schule und Ganztag und zum anderen die Fortbildung von Ganztagskoordinatorinnen bzw. Ganztagskoordinatoren. Fast alle unserer Veranstaltungen wurden in diesem Jahr online durchgeführt – und durchweg gut angenommen. Bei einigen – z.B. Fachtagen – haben wir die unmittelbare menschliche Begegnung vermisst - auch wegen der Netzwerkarbeit, die vom persönlichen Kontakt immer profitiert. Aber die Online-Veranstaltungen haben sich gut bewährt, die Situation am Bildschirm ist für Teilnehmende wie auch die Veranstalter selbstverständlich geworden. In einigen Fällen – etwa wenn es um hessenweite Treffen geht – werden wir auch zukünftig die Vorteile des Online-Formats nutzen.

Neuland war für uns der Digitale Mai, eine Veranstaltungsreihe, die wir ursprünglich als Fachtag geplant hatten. Wegen Corona haben wir uns entschlossen, verschiedene Ansätze und Perspektiven zu Digitalität in der Schule in zahlreichen Veranstaltungen im Rahmen einer zusammenhängenden Reihe online zu beleuchten und einen Austausch zu ermöglichen.

Zum Thema Ganztagskoordination führten wir neben mehreren Grundlagenseminaren in Mittel- und Südhessen in Frankfurt ein aufwändiges Pilotprojekt mit aufeinander aufbauenden Modulen durch, das Modell für die anderen Regionen in Hessen werden kann. In Zusammenarbeit mit Staatlichem Schulamt und dem Stadtschulamt wurden insgesamt zehn Online-Seminare angeboten.

Ein weiterer Fokus der Fortbildungen der Serviceagentur in diesem Jahr lag auf dem Thema Lehren und Lernen im Ganztag. Die Reihe zu personalisierten Lernkonzepten, die wir an zwei Schulen in Nordhessen begleiten, betont die Rolle der Lernenden im Lernprozess. Dieser Ansatz ist vielversprechend und das Interesse der Schulen an einer aktiven Mitarbeit in einem Netzwerk ist groß. 

Wichtige Adressaten für Fortbildungen zum Ganztag sind die Schulleitungen, die die Gesamtverantwortung für den Ganztag an ihrer Schule tragen. Hier boten wir eine Veranstaltung zur Steuerung im PfdN an, die sich vor allem an Schulleitungen wendete, die mit ihrer Schule neu im PfdN arbeiten oder sich darauf vorbereiten. Bei einer Dienstversammlung für Schulleitungen der weiterführenden Schulen in Südhessen wurden die Möglichkeiten des Ganztags für Sekundarschulen erörtert.

Im Bereich Schulkultur führte die Serviceagentur in diesem Jahr eine weitere Veranstaltung der Reihe Ganztag rassismussensibel gestalten durch, die in diesem Jahr besonderen Augenmerk auf die Ursachen legte, warum über dieses Thema so selten gesprochen wird.

Im Folgenden werden einige dieser Veranstaltungen näher vorgestellt:


Digitaler Mai: Bildung im Wandel - ganztägig bilden in Zeiten der Digitalität

In dieser Online-Seminarreihe kamen Menschen aus Lehre, Schule, Hochschule und Studienseminar, aus der Theater- und Medienpädagogik sowie Schülerinnen und Schüler zu Wort. Den Auftakt bildete ein Vortrag von Axel Krommer, in dem er der Frage nachging, wie sich der Wechsel der Leitmedien rückblickend und perspektivisch auf Wissen, Lernen und Bildung auswirkt und wie Digitalität Unterricht und Schule heute beeinflusst. Anschließend fanden Seminare und Workshops statt, in denen einzelne Aspekte des Komplexes mit Expertinnen und Experten vertieft und Gelungenes aus der Schulpraxis präsentiert und reflektiert wurde. Den Abschluss bildete eine Podiumsdiskussion, in der Akteure aus Schule und Wissenschaft – Lehrende, Leitende, Lernende und Forschende – sich zur Bedeutung der Digitalität austauschten.

 

Das Aufgabenprofil von Ganztagskoordinatorinnen und Ganztagskoordinatoren für Grundschulen im PfdN

Ein Schwerpunkt der Fortbildungsveranstaltungen der Serviceagentur war die Schlüsselrolle der Ganztagskoordinatorin bzw. des Ganztagskoordinators bei der (Weiter-)Entwicklung von ganztägig arbeitenden Schulen. Das Grundlagenseminar Das Aufgabenprofil von Ganztagskoordinatorinnen und Ganztagskoordinatoren für Grundschulen im PfdN unter der Leitung von Ionka Senger wurde in den letzten Jahren von der SAG in mehreren Regionen Hessens angeboten, stets sehr gut angenommen und hat sich so konzeptionell immer weiterentwickelt. Im Januar 2021 fand die Veranstaltung wegen Corona zum ersten Mal in Form eines Online-Seminars im Lahn-Dill-Kreis statt. In den folgenden Monaten folgten Online-Veranstaltungen im Wetterau- und Hochtaunuskreis, im Main-Kinzig-Kreis und im Landkreis Darmstadt-Dieburg und in der Stadt Darmstadt.

Zudem realisierte die Serviceagentur in Zusammenarbeit mit Staatlichem Schulamt Frankfurt und Stadtschulamt Frankfurt für PfdN-Schulen in der Stadt Frankfurt eine aufeinander aufbauende Veranstaltungsreihe in einem Pilotprojekt. Aspekte dieses Pilotprojekts sind die Aufgaben und die Rolle der Ganztagskoordinatorin bzw. des Ganztagskoordinators, das Raum- und Zeitmanagement, die Personalentwicklung, das Qualitätsmanagement und die Teamfähigkeit und Kommunikation innerhalb des multiprofessionellen Teams im Ganztag.

Zentral für einen gelingenden Ganztag ist die gute Kommunikation mit allen Akteuren: dem Übungsleiter/der Übungsleiterin des örtlichen Vereins, der Lehrkraft, den päd. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Eltern, dem Hausmeister und natürlich den Schülerinnen und Schülern. Es wurden die jeweiligen Perspektiven und Interessen dieser Akteure im Einzelnen dargestellt und typische Schwierigkeiten und Konfliktfelder der Ganztagskoordination in den Blick genommen. Die Veranstaltung richtete sich sowohl an Ganztagskoordinatorinnen und Ganztagskoordinatoren, die bereits Erfahrungen gesammelt haben, als auch an solche, deren Schule den Antrag auf Aufnahme in den PfdN im laufenden Schuljahr gestellt hat und sich in der Vorbereitungsphase befindet. Methodisch ist die Veranstaltung ein Mix aus Input und intensivem Austausch. Durchaus erwünscht ist es, dass sich aus dieser Veranstaltung ein Netzwerk regionaler Ganztagskoordinatorinnen und Ganztagskoordinatoren im PfdN entwickelt.

 

Personalisierte Lernkonzepte

Im Kontext pädagogischen Umgangs mit Heterogenität, Individualisierung, inklusiver Bildungskonzepte, schlicht: auf der Suche nach einer neuen Lernkultur, gewinnt Personalisierung als Designprinzip für Lernkonzepte zunehmend an Bedeutung. Während Konzeptansätze der Individualisierung, Differenzierung und adaptiven Unterrichts lehrseits – also von der Lehrperson aus gedacht sind und die Einschätzung des fachlichen Leistungsniveaus zur Grundlage haben, legt personalisiertes Lernen die Bedürfnisse des bzw. der Lernenden und eine Selbsteinschätzung zu Grunde – ist somit lernseits gedacht und gesteuert. Die Lernenden selbst sind also Dreh- und Angelpunkt Ihrer Lernorganisation. Digitale Medien und Werkzeuge dienen der Kommunikation und dem Lernmanagement und eröffnen vielfältige Lernwege, Lernmittel und Lernquellen. Nach dem Vorbild Baden-Württembergischer Gemeinschaftsschulen haben sich auch zwei hessische Schulen auf den Weg gemacht ihr Lernkonzept personalisiert auszurichten: das PerLenWerk der Richtsberg-Gesamtschule in Marburg und das Lernleuchtenkonzept der Dr. Geog-August-Zinn Schule in Gudensberg.

Die Serviceagentur begleitet beide Schulen. Erfahrungen und Erkenntnisse fließen in den Themenschwerpunkten Steuerung und Change-Management, Individualisierung und Personalisierung, Lernbegleitung, Rhythmisierung und Zeitstruktur in die Angebote ein. Auch Hospitationen werden hier in Zukunft möglich sein und Interessierten eine Möglichkeit bieten, den Schulen bei ihrer Entwicklung über die Schulter zu schauen.

 

Zielgruppe Schulleitungen

Wichtige Adressaten für unsere Fortbildungen zum Ganztag sind die Schulleitungen, die die Gesamtverantwortung für den Ganztag an ihrer Schule tragen. Hier wurde in Folge der Auftaktveranstaltung vom Juni 2021 ein Seminar zur Steuerung im PfdN angeboten, das sich vor allem an Schulleitungen wendete, die mit ihrer Schule neu im PfdN arbeiten oder sich darauf vorbereiten. Schulleitung und Förderverein arbeiten seit 2018 im PfdN der Grundschule Langendiebach und entwickelten mit ihrem Team das Ganztagskonzept Schritt für Schritt weiter. Das Online-Seminar vermittelte Erfahrungen aus erster Hand und bot sowohl einen Einblick in die Steuerung des Ganztags als auch in die unmittelbare Praxis. Es wurde wichtige Schritte auf dem Weg zum PfdN dargestellt und berichtet, wo Unterstützung dabei zu finden ist. Methodisch war die Veranstaltung ein Mix aus Input und gegenseitigem Austausch.

Eine zweite Veranstaltung richtete sich an Schulleitungen der weiterführenden Schulen. Gemeinsam mit dem Staatlichen Schulamt Darmstadt stellte die Serviceagentur im Rahmen einer Dienstversammlung für die Schulleitungen der weiterführenden Schulen in Darmstadt und dem Landkreis Darmstadt-Dieburg die Möglichkeiten des Ganztags für Sekundarschulen vor. Zunächst wurden die verschiedenen Modelle des Landesprogramms dargestellt. Der Schwerpunkt der Veranstaltung lag bewusst auf dem Profil 2. Ein Teil der Präsentation stellte unterschiedliche AG-Angebote einiger weiterführender Schulen in Hessen vor. Schließlich wurde das Prozedere bei Neuantrag, Profilerweiterung und Aufstockung der Ressource im Profil erörtert und ein Austausch ermöglicht.

 

Online-Seminarreihe Ganztag rassismussensibel gestalten

Die Ganztagsschule ist ein Ort von Vielfalt und Heterogenität. Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen sozialen, kulturellen, ethnischen und religiösen Erfahrungen und Sozialisationshintergründen finden hier einen gemeinsamen Ort des miteinander Lernens und Lebens. Dies stellt insbesondere für Ganztagsschulen eine besondere Herausforderung dar. Im Rahmen der Reihe Ganztag rassismussensibel gestalten bot die Serviceagentur auch in diesem Jahr die Möglichkeit, das Thema Rassismus an Ganztagsschulen zu behandeln sowie Theorie und Praxis kennenzulernen. Den Auftakt bildete am ersten Tag der zweitägigen Veranstaltung der Vortrag von Prof. Dr. Karim Fereidooni. In seinem Vortrag Rassismus in Schule und Gesellschaft ging Prof. Fereidooni auf ausgewählte Ergebnisse seiner Dissertation mit dem Titel Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen von Referendarinnen und Referendaren und Lehrerinnen und Lehrern, mit `Migrationshintergrund` ein. Im Fokus stand dabei die Frage, warum es nach wie vor schwierig ist, über Rassismus(-erfahrungen) in Gesellschaft und Schule zu sprechen?- In einer anschließenden Diskussionsrunde konnten Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich mit Prof. Fereidooni austauschen.

An zweiten Tag bot der Online-Workshop Schule als Lebensraum – Ganztag rassismussensibel gestalten von Gülbahar Erdem vertiefende Einblicke in die Praxis. Im Workshop wurde an realen Fallbeispiele aus der Ganztagspraxis gearbeitet sowie offene Fragen behandelt. Im gemeinsamen Austausch wurden Alltagssituationen, Konfliktfelder und Kommunikationsbarrieren festgestellt, Hilfsmöglichkeiten für Betroffene benannt und effiziente Lösungsansätze gemeinsam gestaltet. Denn das Erkennen von und Handeln gegen subtile wie auch offene rassistische Übergriffe und der Schutz von Betroffenen sind insbesondere im schulischen Ganztag ein Auftrag an alle pädagogischen Fachkräfte.