Stephanie Welke: Junge Menschen sollen Persönlichkeit entfalten können

Stephanie WelkeEin Portrait von Britta Erlemann

Wenn die Ganztagsschule (GTS) so umgesetzt wird, dass sie allen offen steht, werden über die Angebote wie durch Kooperationen mit Musikschulen und Sportvereinen ein breites Spektrum von  Gesellschaftsschichten erreicht“, erklärt Stephanie Welke von der Serviceagentur „Ganztägig lernen“ Kassel. Sie sieht die Möglichkeit, dass die GTS für mehr Bildungsgerechtigkeit sorgt. So jedenfalls der Anspruch. Die Sozialarbeiterin glaubt an die Chance, dass durch mehr Zeit an der Schule sich eine andere Lernkultur entwickelt, dass LehrerInnen und SchülerInnen mehr Kontakt haben und Ungerechtigkeiten, die auf dem Hausaufgabensystem basieren, beseitigt werden können. Denn an der GTS ist ja nicht mehr das Elternhaus für die Betreuung zuständig, das durch die unterschiedlichen Vorraussetzungen im Bereich der Bildung und der ökonomischen Situation der Familie geprägt ist. Chancen sieht sie auch im Einsatz von SozialarbeiterInnen in den Schulen, weil sie den SchülerInnen in schwierigen Lebensphasen schnell Unterstützung anbieten können und dies sich weniger nachteilig auf die Bildungsbiographie und die persönliche Entwicklung auswirkt.

Welke muss es wissen. Seit 2005 ist sie bei der Deutschen- Kinder- und Jugendstiftung angestellt und hat in deren Namen die Serviceagentur „ganztägig lernen“ Frankfurt aufgebaut. Seit 2007 ist sie für die Sercviceagentur in Kassel tätig. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind unter anderem Finanzen und Veranstaltungsorganisation und die Beratung von Steuergruppen der Staatlichen Schulämter in Nord- und Mittelhessen, deren Aufgabe die regionale Entwicklung von Ganztagsschulen ist. Und sie kümmert sich um SchülerInnen- und Elternpartizipation und arbeitet mit jugendlichen SV-Beratern zusammen, die an ganztägig arbeitenden Schulen in Hessen Workshops zu Schülerrechten durchführen.

Studiert hat die Mutter zweier schulpflichtiger Kinder Sozialarbeit und hat sich außerdem zur Sozialwirtin weiterqualifiziert. In Ihrer beruflichen Praxis war sie vor allem in der Kinder- und Jugendarbeit beschäftigt, darunter auch ein Projekt des Jugendamtes der Stadt Frankfurt mit dem Schwerpunkt „Kooperationsberatung Jugendhilfe und Schule“.  Die Jugendhilfe prägt denn auch ihre eigenen Vorstellungen von GTS: die Bedürfnisse und Interessen der Kinder sollten mehr in den Focus genommen werden. So möchte sie auch, dass die Kinder die Möglichkeit haben, in Projektarbeit fächerübergreifend zu lernen und mehr selbst erarbeiten und gestalten können. Lernen jenseits strenger Lehrpläne brauche allerdings mehr Zeit und die Bereitschaft des Kollegiums, sich darauf ein zu lassen. Insgesamt wünscht sich die Sozialarbeiterin mehr Kontakt zur Jugendhilfe in ihrer Arbeit und dass Kinder- wie Jugendeinrichtungen und Schulen besser zusammenarbeiten. „Hier gibt es noch viele gegenseitige Vorbehalte“, weiß Welke. Darüberhinaus ist es ihr wichtig, dass Kinder und Jugendliche besser gefördert werden, deren Muttersprache nicht Deutsch ist.

Außerdem hat Stephanie Welke viele Jahre mit Frauen und Mädchen im Bereich Gewaltprävention gearbeitet und unteranderem Selbstverteidigungskurse gegeben, auch an Schulen. An ihrer jetzigen Arbeit findet sie schön, dass sie viel mit Menschen zusammenarbeiten kann, die engagiert  und mit vielen Ideen Schule verändern wollen. Welke schätzt, dass sie sehr viel Spielraum hat, ihre Arbeitschwerpunkte zu gestalten. Auch freut sie sich, dass sie jungen Menschen eine Stimme geben und sie unterstützen kann, für ihre Rechte ein zu stehen.  Grundsätzlich findet die Frau Jahrgang 1967, dass den Schulen sich viele Möglichkeiten erschließen, wenn sie sich öffnen für das was außerhalb von ihr stattfindet, etwa zu Regionalmuseen, Vereinen, Stadtteilzentren und anderen Einrichtungen vor Ort. Bei diesem Öffnen müsse Schule gemeinsam mit den SchülerInnen ein Angebot entwickeln, wo diese auch hingehen wollen.  „Wichtig ist, dass Schule auf das Leben vorbereitet, und das besteht nicht nur aus Lernstoff und Berufstätigkeit“, sagt sie. Kinder und Jugendliche sollten angeregt werden, sich vielfältig sozial und politisch zu  interessieren und zu engagieren. „Junge Menschen sollen sich in ihrer Persönlichkeit entfalten können“, so Welke.


Autorin: Britta Erlemann
Foto: Ursula Eckel
Datum: 20.05.2009
© www.hessen.ganztaegig-lernen.de

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